Thema heute: Notaufnahme (Fördertatbestand 1, KHZG)

Mit der angestrebten Digitalisierung deutscher Krankenhäuser ergeben sich einige Fragen für Entscheider:innen in Kliniken: Wie erhalte ich ein System, dass genau auf unsere Wünsche und hausinternen Vorgaben in der Notaufnahme angepasst ist? Wie kann ich ein neues, digitales Produkt in unser bestehendes Krankenhausinformationssystem (KIS) integrieren? Bietet das Unternehmen unseres bereits bestehenden Anbieters eine Lösung, die sich nach unseren Vorstellungen richtet? Doch beginnen wir von vorn.


Wozu dient die Notaufnahme? 

Gebrochener Arm, grippaler Infekt oder akuter Brustschmerz – für viele Menschen ist die Notaufnahme die erste Anlaufstelle für kleine und größere Leiden. Was nicht jeder weiß oder auch nicht jeder wissen will: die Notaufnahme ist in erster Linie für Patient:innen da, die an einer akut lebensbedrohlichen Verletzung und / oder Erkrankung leiden, deren Behandlung keinen Aufschub duldet. Für nicht so dringende Anliegen stehen Hausärzte, Fachärzte oder auch der ärztliche Bereitschaftsdienst zur Verfügung. Diese sind jedoch, bis auf den Bereitschaftsdienst, mit Terminen und langen Wartezeiten verbunden. Der Bereitschaftsdienst, der eher als Hausarzt am Wochenende gesehen werden kann, verfügt nicht über die spezielle Expertise und die Ausstattung, die eine moderne Notaufnahme mit sich bringt. Da scheint es attraktiv, einfach gleich in die Notaufnahme zu gehen. Einmal dort angekommen, wird man unmittelbar der richtigen Spezialistin bzw. dem richtigen Spezialisten zugewiesen und erhält ein umfassendes Programm an Diagnostik. Wer es ernst meint, ruft vorher noch die Notfallrettung und lässt sich von der fahrenden Intensivstation in die Notaufnahme bringen, denn dann geht es ja – so die landläufige Meinung – oft schneller. Soweit eigentlich ein guter Plan. Wäre da nicht der Umstand, dass die Notaufnahme eben jedem ohne Termin zur Verfügung steht und eine Vielzahl anderer Personen ebenfalls dachte, in der Notaufnahme gut aufgehoben zu sein.  

Wie also findet das Personal in der Notaufnahme heraus, wer wirklich zeitnah Hilfe braucht und wer nicht? (Nur, weil jemand vom Rettungsdienst gebracht wird, bedeutet dies ja nicht automatisch, dass jene Person auch bevorzugt behandelt wird.) Und wie kann verhindert werden, dass Privatversicherte gegenüber gesetzlich Versicherten nicht priorisiert werden? Wie kann gewährleistet werden, dass bspw. die oder der bewusstlose Obdachlose nicht als Alkoholikerin bzw. Alkoholiker abgetan wird, die nur Ihren bzw. der nur seinen Rausch ausschläft? Oder vereinfacht ausgedrückt: Wie kann ethisch vertretbar entschieden werden, wer zuerst behandelt wird und wer warten muss? 


Die Geburtsstunde der Triage 

Hierzu begeben wir uns kurz nach Frankreich in das Jahr 1792. Die hohe Anzahl verwundeter Soldaten während der Kriege überschritt die Behandlungskapazitäten in den Lazaretten, sodass entschieden werden musste, wer priorisiert behandelt werden musste. Man mag jetzt annehmen, dass die Franzosen, gemäß ihrem Slogan, der auf der französischen 2€-Münze nachzulesen ist, auf Gleichheit und Brüderlichkeit setzten. Aber ganz so solidarisch waren die Verhältnisse nicht. Vielmehr sollten jene mit den besten Aussichten auf eine schnelle Genesung behandelt werden. Also jene, die schnell wieder auf das Schlachtfeld konnten. Damit dies möglichst effektiv geschehen konnte, wurden die Soldaten in Kategorien eingeteilt – die Triage wurde geboren.  Übertragen auf die heutige Zeit würde dies bedeuten, dass all jene bevorzugt behandelt werden würden, deren Arbeitskraft schnellstmöglich wieder zur Verfügung stünde. Doch glücklicherweise wird heute ein anderer, nicht ganz so utilitaristischer, Ansatz verwendet: Es werden jene Patient:innen herausgefiltert, die ohne sofortige Behandlung den größten Schaden davontragen würden.  

Die verschiedenen Triage-Systeme 

Hierzu haben sich mit der Zeit einige Triagesysteme entwickelt, wobei sich in Deutschland vor allem zwei durchgesetzt haben: der Manchester Triage Score (MTS) aus Großbritannien und der Emergency Severity Index (ESI) aus den USA. Bei beiden handelt es sich um ein fünfgliedriges Triage-System. Das bedeutet, dass eine Patientin bzw. ein Patient einer von fünf Prioritätsgruppen zugewiesen wird. Diese Prioritätsgruppe wiederum gibt jeweils den zeitlichen Rahmen vor, in dem die Patientin bzw. der Patient behandelt werden muss. Kommen Patient:innen nun in der Notaufnahme an, werden sie von geschulten Pfleger:innen eingestuft und kategorisiert. Ist die Verletzung und / oder Erkrankung lebensbedrohlich, werden im Rahmen der bestehenden Kapazitäten niedriger priorisierte Tätigkeiten zugunsten eben dieser höher priorisierten Patient:innen eingestellt. Neben dem Aspekt, dass in Deutschland zwei Systeme vorherrschend sind, werden diese ggf. auch hausinternen Regularien angepasst, wie etwa in der Charité.  

Bisher war dieser Umstand in Bezug auf die Dokumentation nicht weiter wichtig. Bis jetzt! Denn mit der angestrebten Digitalisierung deutscher Krankenhäuser ergeben sich, nun im Zusammenhang mit den Besonderheiten in der Notaufnahme, doch einige Fragen: Wie erhalte ich ein System, dass genau auf unsere Wünsche und hausinternen Vorgaben angepasst ist? Wie kann ich ein neues digitales Produkt in unser bestehendes Krankenhausinformationssystem (KIS) integrieren? Bietet das Unternehmen unseres bereits bestehenden Anbieters eine Lösung, die sich nach unseren Vorstellungen richtet? 


Wie lassen sich Triagesysteme in das KIS integrieren? 

Nun, eine einfache Antwort gibt es nicht. Es sind Anbieter am Markt, die lediglich Manchester Triage Score (MTS) oder Emergency Severity Index (ESI) im Portfolio haben. Manche bieten auch beides an. Während sich die einen modifizieren lassen, sind andere starr. Es gibt aber auch Lösungen von Drittanbietern, die problemlos integrierbar sind. Die alltägliche Triage in der Notaufnahme ist das Eine. Ein ganz anderes Thema ist die Triage im Katastrophenfall (also der sogenannte “Massenanfall von Verletzten”, kurz MANV). Für Entscheider:innen ist es daher wichtig zu bedenken, dass die Triage insbesondere auch in Ausnahmesituationen möglich sein muss. In entsprechenden Konzepten ist in diesem Fall vorgesehen, dass Patient:innen-Daten von einem Dritten entweder vor oder nach der sog. “Sichtung” zu Papier gebracht werden. Diese Daten sind dann zur Eingabe in das Krankenhausinformationssystem (KIS) weiterzugegeben. Im weiteren Behandlungsverlauf müssen die „Papier-Daten“ mit den elektronischen Daten abgeglichen werden, damit diese auch den richtigen Patienten bzw. der richtigen Patientin zugeordnet werden können. Dies sorgt in dieser ohnehin kritischen Situation für Mehrarbeit und birgt, innerhalb der Übertragungswege und bei der digitalen Nacherfassung, die Gefahr von Fehlern.  Aus dem klinischen Alltag ist zudem das Problem bekannt, dass Patient:innen zwar im Schockraum ankommen, der Rettungsdienst aber die Anmeldung vergisst und sich diese somit verzögert. Das sorgt für Probleme in der Radiologie, die die Daten für das CT benötigt. Im Katastrophenfall, in dem die Anmeldung oftmals bereits durch Transportwege verzögert wird, ist die Notwendigkeit der manuellen Nacherfassung des Anmeldestapels denkbar ungünstig. Hieraus können sich schnell Nachteile in der Versorgungsqualität der Patient:innen ergeben.  Dabei existieren auch hier digitale Lösungen, die den Aufwand und die Fehleranfälligkeit minimieren. So kann die Triage, bspw. über mobile Endgeräte wie Tablets, mittlerweile auch digital erfolgen und schließt obendrein die Erfassung personenbezogener Daten gleich mit ein. Die Patient:innen werden direkt im System erfasst und können zur weiteren Behandlung an andere Abteilungen, wie die Radiologie, problemlos übergeben werden. Die benötigten Daten sind direkt im System auffindbar.  


Wer hilft bei Fragen? 

Wie dieser Artikel zeigt, benötigen deutsche Krankenhäuser und ihre individuellen Herausforderungen – nicht nur in der Notaufnahme – maßgeschneiderte Lösungen. Eine generelle, für jeden perfekte Lösung gibt es nicht. Damit die richtigen Lösungen zu Einsatz kommen und die Integration neuer Strukturen ein Erfolg wird, ist einschlägiges Know-How erforderlich. Die condots GmbH ist eine Unternehmensberatung im Gesundheitswesen mit Schwerpunkt in den Bereichen Projektmanagement, klinische Prozesse und Organisationsentwicklung und hat das erforderliche Wissen, um auch Ihr Projekt erfolgreich umzusetzen. 

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